Die Nacht am neuen Campingplatz war zwar genauso heiß wie bisher alle Nächte (Zudecken war fast nicht möglich), aber wir waren das erste Mal so nah am Meer, dass wir das Rauschen hören konnten. Ich genoss das sehr :-)
Für den ersten Tag in der neuen Gegend hatten wir uns die Paradetour ausgesucht, einen kühnen Zacken am Meer mit großartiger Aussicht. Nach dem Frühstück fuhren wir zum Parkplatz am Piedra Longa (auch ein kühner Zacken, aber vergleichsweise klein) und stellten den Kangoo dort ab. Leider gab es nur Parkplätze in voller Sonne. Und es war brutal heiß ohne Wind.
Der Anfang der Tour verläuft auf dem Wanderweg 'Selvaggio Blu' ('Wildes Blau' sagt DeepL, passt), der die ganze steile und felsige Ostküste entlang führt und war entsprechend gut ausgebaut. Wir stiegen erst mal zum Meer ab. Die Gegend wird auch landwirtschaftlich genutzt und man geht durch verschiedene abgezäunte Bereiche. Unten am Meer waren Esel, eine Dame und ein niedliches Jungtier :-)
Wir stiegen noch ein Stück bequem auf dem Wanderweg auf und bogen dann nach links die Steilküste hinauf ab. Da war dann erst mal Schluss mit Gemütlichkeit. Es war eh schon extrem heiß und hatte kaum Wind, nun kam auch noch der steile Anstieg dazu. Nach einer Pause, in der wir beide (glaube ich, ich auf jeden Fall) kurz versucht waren, einfach wieder zurückzugehen, nahmen wir erst mal Stöcke.
Das war genau der richtige Zeitpunkt, den kurz drauf wurde es noch steiler und noch dazu geröllig. Mit den Stöcken stieg es sich aber schon leichter. Und als wir den ersten Steilanstieg hinter uns gebracht hatten, waren wir auf der Rampe hoch über dem Tal links von uns, über die wir weiter ansteigen würden - ab da bei Weitem nicht mehr so steil.
Zudem waren wir nun hoch genug, um hin und wieder Luft abzubekommen und schon war die Wanderung wunderschön :-)
Wir folgten dem gut ausgebauten Pfad bis fast in den Talschluß und bogen dann nach rechts ab, um steil hinauf auf die Hochebene über der Steilküste zu kommen. An einem Ziegenstall trafen wir auf eine Piste, der wir über ein paar Abzweigungen folgten, bis der Pfad zur Punta Giradili rechts abbog.
Der Pfad fing ausgetreten und deutlich an und führte dann direkt auf das Karstgestein der Hochebene. Ab da mussten wir über scharfkantige Steine balancieren und gut aufpassen, das nächste Steinmännchen nicht zu verpassen. Anfangs machte das Spaß, aber der Weg zur Punta ist weit und der Spaß versackte schön langsam in den tiefen Spalten des Karst.
Dann blieb auch noch mein Stock irgendwo hängen und die Metallspitze flutschte aus der eigentlichen Stockspitze raus. Eigentlich ist das fest verpresst und verklebt, aber die Hitze in Kombination mit dem Hängenbleiben war dann wohl zu viel. Ich fand die Metallspitze gleich wieder und zeigte die Misere meinem Reparierer. Ich brauche Stöcke zum Absteigen unbedingt.
Wir machten bei nächster Gelegenheit (wo die Steine nicht ganz so scharf waren) Pause. Der beste Allgäuer hatte inzwischen schon eine Lösung gefunden und press-klebte beide Metallspitzen (die zweite war auch schon locker) mit einem Streifen Tape und viel Geschick in den Stockspitzen fest. Das schien zu halten. Für die Querung der Hochebene steckte ich die Stöcke dann aber weg - frei Balancieren ist eh eine gute Übung ;-)
Der Weg zum vordersten Punkt der Klippe war dann deutlich länger als erwartet, natürlich auch deswegen, weil man auf dem Karstzeug weder geradeaus gehen kann noch vernünftig vorankommt. Irgendwann waren wir dann aber doch vorn. Die Aussicht war super (ich hatte allerdings ein bisserl schlechte Laune). Eine allzu lange Pause gab es aber nicht, denn der Rückweg war lang.
Zurück auf der Piste war ich sehr froh, endlich wieder einfach nur gehen zu können. Das Knie hatte das alles aber gut überstanden :-)
Der restliche Rückweg war aber auch anstrengend, vor allem weil es so heiß war. Oben auf der Hochebene und im Abstieg über die Rampe bekamen wir noch ein wenig Luft ab, als wir dann aber zum Steilabstieg zum Selvaggio Blu kamen, war das vorbei. Es wurde mit jedem Meter gefühlt noch wärmer und unsere 3 Liter Getränk pro Person gingen langsam zur Neige. Wenigstens konnten wir den Rest des Weges im Schatten absteigen.
Der Kangoo stand zwar inzwischen auch im Schatten, hatte aber gefühlt ungefähr 100 Grad im Inneren. Wir öffneten alle Türen und tranken erst mal von dem Wasser, das zufällig noch im Auto stand (und auch reichlich warm war). Das war echt anstrengend!
Auf dem Heimweg kauften wir im COOP fürs Abendessen ein und gingen dann am Campingplatz als Allerstes ins Meer zum Abkühlen, das war wunderbar :-) Der Rest des Abends wurde gemütlich mit hochgelegten Beinen.