In der Früh ging es mir ziemlich gut, allerdings frühstückte ich außerordentlich vorsichtig und nichts was irgendwie belastend hätte sein können. Richie hatte schon am Vorabend angekündigt, dass wir mit den besten Rolls Royce oder Ferraris der Stadt zum Hafen fahren würden. So war keiner verwundert, als uns 4 Fahrrad-Rikschas vor dem Eingang des Hotels erwarteten :-)
Mit großem Vergnügen bestiegen wir jeweils zu zweit unsere Ferraris und ließen uns zum Hafen kutschieren. Die armen Rikscha-Fahrer mussten uns erst mal ein kleines Stück bergauf schieben und sausten dann - so schnell die Rikschas, die teilweise geradezu kriminell desolat beieinander waren, halt hergaben - zum Hafen hinunter. Mit dabei war Sonia, unser Guide für den Tag. So wie alle Verkehrsteilnehmer in Peru scherten sich die Rikschafahrer relativ wenig um irgendwelche Regeln und wurden vor den allgegenwärtigen Rampen nur marginal langsamer, aber wir kamen alle erheitert und unbeschadet am Hafen an.
Wir gingen die Mole entlang bis zum vorderen Ende, wo ungefähr 100 Boote lagen, alle aneinander und voreinander festgemacht. Wie da einer aus den hinteren Reihen losfahren sollte, war mir ja nicht klar. Wir stiegen nach links über 3 Boote hinweg und kamen so in 'unser' Boot. Das wurde dann rechts und links ausgebunden und unsere Crew stakte das Boot aus der Reihe hinaus. Die Boote links von unserem stakten ihre Boote im Konvoi nach rechts und die Lücke schloss sich.
Wir tuckerten aus dem Hafen hinaus auf den Schilfgürtel zu. Von der Ferne sieht es so aus, als sei da kein Durchkommen, aber wenn man näher kommt, tut sich ein vielleicht 10 Meter breiter Kanal auf. Da fuhren wir hinein und kamen kurz drauf in eine Art Lagune im Schilfgürtel. Das war Uros, die Stadt der schwimmenden Inseln.
Ob und wie da Inseln schwammen, war nicht wirklich auszumachen, aber wir konnten sehen, dass am 'Ufer' der Lagune viele Ansammlungen kleiner Schilfhäuser standen. Es gab auch große Schilfboote, schön angemalt mit vielen Verzierungen und Schilf-Skulpturen. Wir fuhren aber dran vorbei, denn Uros würden wir erst auf dem Rückweg besuchen. Das Wetter war eher zweifelhaft und auf dem großen Titicacasee tut man gut daran, Unwetter zu vermeiden. Und momentan war der See einigermaßen ruhig.
Die Uros-Lagune hatten wir bald überquert und fuhren auf der anderen Seite in die Fortsetzung des Kanals hinein. Diese Seite des Schilfgürtels ist deutlich breiter und der Kanal macht in der Mitte einen Knick. Ich nehme an, das sorgt dafür, dass sich der Seegang in der Lagune in Grenzen hält. Das Wetter sah rundrum recht zweifelhaft aus - tiefhängende Wolken und Wind - aber es war immerhin trocken. Wir stiegen aufs Dach des Bootes und genossen Wind und Wetter. Natürlich war es kühl (kalt genau genommen), aber da oben stehen und sich durchblasen lassen war trotzdem super. Noch viel superer war, dass es mir wieder gut ging :-)
Unser Ziel war Taquile. Das war aber nicht die 'Insel', die wir zunächst zu sehen meinten (eine der beiden Halbinseln, die vor Puno in den See hineinragen), sondern wir mussten danach etwa nochmal so weit fahren, um nach Taquile zu gelangen. Insgesamt waren wir zweieinhalb Stunden unterwegs.
Die Zeit hatte für uns gearbeitet. Als wir in Taquile an einer kleinen Mole anlegten, war das Wetter schön geworden und wir konnten unseren Spaziergang über die Insel bei Sonnenschein beginnen :-) Das erste Ziel war der große Platz im Hauptort der Insel. Sonia, die Steirer Buam und Simon waren uns bald davon gelaufen, denn die Insel ist total idyllisch und fordert häufige Foto-Stopps geradezu heraus.
Am Hauptplatz organisierte Richie das Mittagessen und wir hatten ein Weilchen 'frei'. Ralle und ich liefen erst etwas durch den Ort und weil der Weg halt dorthin führte, Richtung Inselberg. Laut Navi war da oben eine Grabungsstätte, ein schönes Ziel. Weit war es nicht bis zum Inselberg (ich hab ihn 'Cerro Taquile' getauft, weil er in der Karte keinen Namen hat), aber echt nett zu gehen. Anfangs ging es noch auf einem gepflasterten Weg durch die letzten Dorf-Ausläufer (vorbei an Gärten, Schafen und einem allerliebsten Lämmchen), dann bogen wir auf einen schmalen Pfad zwischen Trockensteinmauern ab.
Die 'Grabungsstätte' war ein kleines Häuschen aus Feldsteinen, sonst war nichts Erwähnenswertes dran. Aber die Aussicht über die Insel von da oben war prima. Wir gingen auf einem anderen Weg zurück ins Dorf und zum verabredeten Treffpunkt in einem Restaurant mit Terrasse, wo man uns schon besorgt erwartete, weil wir zu spät kamen. Wir hatten uns eine falsche Zeit gemerkt.
Wir bestellten ganz schnell noch was zu essen, dann begann Sonia ihren Vortrag zu den Besonderheiten der Insel. Was mir davon vor allem im Gedächtnis geblieben ist, ist dass die Männer ihre Mützen selber stricken müssen und zwar so fest, dass man damit Wasser schöpfen kann. Sie hatte eine solche Mütze dabei und beim Anfassen: ohja, fest. Durchaus auch wasserfest.
Sonst lebt Taquile vor allem davon, dass die Inselbewohner ihre Traditionen pflegen, vor allem die Kleidung und Verwaltung. Das geht so weit, dass nach Puno ausgewanderte Inselbewohner bei der Rückkehr auf die Insel die Normalklamotten ausziehen und die traditionellen Kleider anziehen müssen. Noch dürfen in Taquile die Frauen nicht in der Verwaltung mitreden, aber das zumindest sei im Begriff sich zu ändern. Na, kann ja nur gut sein.
Nach dem Vortrag kam unser Essen: Erst Quinoa-Suppe, dann frische Forelle mit Pommes und Reis. Das schmeckte alles ausgezeichnet und - Hurra! - ich konnte das mit Appetit und ohne unerwünschte Nebenwirkungen essen :-)
Nach dem Essen gingen wir zu einem andern Hafen runter und stiegen wieder aufs Boot. Ralle und ich gingen direkt aufs Dach und blieben da die ganze Rückfahrt. Das Wetter war ja fein und der Wind war nur moderat kühl, da konnte man es da oben echt gut aushalten. Allerdings: Wasser und Sonne auf 3800m ... ich bekam trotz Sonnencreme (50+) einen Sonnenbrand.
Richtung Puno war das Wetter nicht ganz so schön und überm Land brauten sich dicke dunkle Wolken zusammen. Bei der Einfahrt in den Schilf-Kanal nach Uros verschwand dann leider die Sonne. In der Lagune von Uros fuhren wir nach links und dann bis ganz ans Ende der Lagune und hielten auf eine der letzten Schilfinseln zu. Auf der 'Isla Mauri' erwarteten uns drei winkende Frauen mit ein paar Kindern. Von den Schilf-Inseln hatte Sonia erzählt, dass inzwischen die Chefs der Inseln fast alle Frauen seien. Zumindest bei dieser Insel stimmte das wohl, denn Männer waren gar keine in Sicht.
Wir stiegen aus und gingen auf dem seltsam nachgebenden Schilf zur Mitte der kleinen Insel. Dort bekamen wir anhand eines Modells demonstriert, wie die Schilfinseln erzeugt (3 Jahre lang 3 Mal im Jahr das Schilf schneiden, dann fängt die Erde an zu schwimmen), aufgebaut und erhalten werden (alle 3 Monate eine neue Lage Schilf auflegen). So eine Insel hält etwa 40 Jahre, dann muss man eine neue machen.
Die Inseln werden mit vielen Ankern in der Lagune befestigt, sie schwimmen also, aber sie schwimmen nicht herum. Wenn man sich mit den Nachbarn nicht mehr so recht versteht, dann werden die Anker gelöst und man schafft seine Insel woanders hin. Nett auch die Lösung für den Fall, dass man sich auf der Insel selbst nicht mehr versteht: dafür gibt es eine sehr lange Säge, mit der man die Insel einfach durchschneidet.
Nach der Demo durften wir mit den einzelnen Frauen die Hütten anschauen. Alles auf der Insel ist aus Schilf, also auch die Hütten und das Mobiliar (eigentlich nur Betten). Immerhin hat aber jede Hütte ein Solar-Modul, Licht und sogar einen Fernseher. Die Dame, mit der wir mitgegangen waren, zeigte uns ihre Handarbeiten und wir kauften ihr ein leuchtend buntes Tuch mit Schlingenstickerei ab. Wir hätten uns ja gern noch ein wenig mehr auf der Insel umgeschaut, aber das Gewitter, das sich hinter uns zusammengebraut hatte, legte mit einem Platzregen ordentlich los und wir flohen zurück aufs Boot.
Als wir in Puno anlegten, regnete es noch immer, wenn auch nicht mehr ganz so intensiv. Wir marschierten von der Mole Richtung Stadt bis zur Straße, wo uns Richie 'Motocars' für die Rückfahrt zum Hotel organisierte. Das sind quasi Motorrad-Rikschas, was ich ganz gut fand, denn wenn sich so ein Rikscha-Radler mit uns bis zum Hotel hätte hochquälen müssen, hätte ich mich bestimmt schlecht gefühlt. Die Motocar-Fahrer hatten genauso wenig Respekt für Regeln oder andere Autos wie die Rikscha-Fahrer und ich schloss bei manchen Kreuzungen ganz einfach die Augen. Aber wir kamen alle unbeschadet am Hotel an.
An diesem Abend gingen wir in ein eher touristisches Restaurant in der Fußgängerzone. Ich erinnere mich nicht ans Essen, also war es weder gut noch schlecht ;-)