EngelChronik 2010 - Chile

Zum Nationalpark Lauca

15.06.2010

Wir standen zum frühest-möglichen Zeitpunkt auf (nicht sehr früh) und gingen frühstücken. Der Frühstücksraum befand sich im obersten Stockwerk des Hotels und erklärte den Namen 'Bellavista': Von hier konnte man aufs Meer sehen. Bei schönem Wetter war das sicherlich ein netter Anblick, aber das aufgewühlte Meer, das mit Gewalt gegen den Hafendamm und die Felsen davor brandete, und der Nebel darüber und dahinter, in dem das Meer knapp hinter der Brandung im Nirvana verschwand, liessen uns schon beim Rausgucken frösteln.

Das Frühstück war dem Hotel entsprechend. Funktionell, aber nicht besonders ansprechend. Genügend Kaffee gab es auch nicht, aber da das eh nur wieder Nescafe war, war das auch schon egal. Wir schleppten alles Geraffel wieder in die Autos, luden ein und düsten wieder hinauf zur Zwischenebene. Zurück auf die Panamericana.

Es ging weiter nach Norden und die Landschaft wurde minimal ansprechender. Wir passierten verschiedene tiefe Einschnitte in der Ebene, durch die ein Bach zum Meer hinab führte. In diesen Tälern war es grün, was eine nette Erholung für die Augen und das Gemüt war. Zwischen den Regionen I und II (Tarapaca und Antofagasta) mussten wir eine Zollstelle passieren, wo mal wieder ein Haufen Formulare ausgefüllt werden musste.

Schliesslich näherten wir uns Arica, wo Yak eigentlich zu Mittag am Meer in der Sonne Fisch hätte essen wollen. Dieses Vorhaben barg allerdings einige Probleme. Arica lag tief im Küstennebel, von Sonne war nicht die kleinste Spur zu sehen und es war schon reichlich spät für den Weg hinauf ins Hochland.

Wir wollten ja noch vor Sonnenuntergang am Zeltplatz am Lago Chungara sein. Diese lästige Panamericana ist viel länger als es den Anschein hat und weil die Anzahl der Schlaglöcher und der Kurven im Norden dann nochmal zunimmt, braucht man schrecklich viel Zeit. Der Fisch am Meer fiel also aus (was Ralle und mich nun nicht besonders störte) und fuhren nach einem Tankstop wieder aus dem Nebel hinaus nach oben.

Der Weg von Arica nach La Paz (Bolivien) über Putre hinauf zum Lago Chungara führt durch eines dieser grünen Täler, die Wasser aus dem Hochland zu Meer führen. Es ist ein ziemlich tiefes und weites Tal und führt für die Gegend erstaunlich viel Wasser. Daher ist es richtig nett, durch dieses Tal zu fahren, überall Felder und Bäume und Häuschen. Der Nebel hörte nach ein paar Kilometern auf und wir konnten den Anblick richtig geniessen. Dann führte die Strasse in vielen Kehren aus dem Tal heraus und wir landeten wieder im kargen sandigen Hochland.

Inzwischen war es früher Nachmittag und so langsam bekamen wir Hunger. Claudine hatte aus dem Reiseführer eine alte Festung, die Pukara de Copaquilla, heraus gesucht, wo wir hofften, mit schöner Aussicht Mittagspause machen zu können. Wir drehtene in paar Runden im Sand, aber die Festung war nicht zu finden. Wir disponierten um und kehrten stattdessen beim 'Happy Hippie' ein (der zwar laut Lonely Planet so nicht bezeichnet werden mag, aber ganz und gar diesen Eindruck machte).

Direkt an der Strasse, mitten im Nirgendwo findet sich ganz unerwartet ein Häuschen, das einen selbstgebastelten und zusammengetöpselten Eindruck macht. Nicht negativ sondern nett und ansprechend. Es war zunächst niemand da, als wir amüsiert und erfreut durch den Balkenverhau der Terrasse spazierten, aber es dauerte nicht lang, bis der 'Happy Hippie' auftauchte.

Sehr geprächig teilte er uns einen grossen Teil seiner Lebensgeschichte mit und versprach einen ganz tollen Tee zur Höhenanpassung und einen vegetarischen Burger. Als wir erzählten, woher wir kamen und wo wir hin wollten, schüttelte er bedenklich den Kopf und erklärte uns, dass wir Probleme mit der Höhe im Nationalpark Lauca auf 4500m bekommen würden, schreckliche Kopfschmerzen, und dass wir besser erst mal noch hier auch 3300m bleiben sollten. Das untermauerte er mit wiederholten Hinweisen auf seine Frau, die Ärtztin sei.

Als er dann sein Pulsoxymeter herausholte und unsere Sauerstoffsättigung mass, musste er doch festetellen, dass wir schon einigermassen akklimatisiert waren. Nicht so gut wie wir uns vorgenommen hatten, zugegeben (wir hatten in Boliven nicht so hoch geschlafen wie gedacht, hatten 2 Tage auf 'nur' 2400m in San Pedro zugebracht und waren eine Nacht sogar am Meer gewesen), aber ich nicht schlecht. Meine Sauerstoffwerte waren natürlich wie immer die schlechtesten. Yak und Claudine scheinen mit der Höhe prinzipiell keine Probleme zu haben und der Ralle verträgt Höhe auch besser als ich.

Der Höhenanpassungstee wurde mit lustigen Trinklöffeln serviert und schmeckte sehr gut. Wir vermuteten Coca-Blätter unter den Zutaten, das soll ja die Höhenanpassung fördern. Der vegetarische Burger, Salat in Brot, war ebenfalls recht gut. Wir unterhielten uns beim Bezahlen auch noch mit der Ärztin (die nochmal betonte, dass wir in Lauca furchtbare Probleme kriegen würden) und fuhren dann weiter nach Putre, wo es eine Tankstelle geben sollte. Die letzte Möglichkeit vor der Einsamkeit des Alti Plano.

Doch die Information mit der Tankstelle war falsch. Die beiden Polizisten, die wir direkt am Ortseingang danach fragten, schüttelten bedauernd den Kopf, meinten aber, dass wir mit unserem 3/4-Tank leicht in den Nationalpark und zurück nach Arica kommen könnten. Jaaaaa, das vielleicht schon, aber das bedeutete, dass wir zwischen den verschiedenen Bergen dann jeweils knapp 400 Kilometer (einmal Arica am Meer und zurück) zum Tanken fahren würden müssen. Nicht gut!

Nun denn, für die ersten Gipfel würde der Sprit erst mal reichen. Wir fuhren also weiter hinauf ins Hochland Richtung Bolivien. Kurz bevor wir den Nationalpark erreichten, hielt Yak an und meinte, wir hätten da ein Problem: Claudia habe sich von der Frau des Happy Hippie so verunsichern lassen, dass zu erwarten sei, dass das allein schon für Höhenprobleme sorgen würde. Die beiden wollten zurück nach Putre und einen Tag noch dort auf 3300m verbringen.

Das war unerwartet. Wir verteilten den Inhalt der Autos neu, so dass Ralle und ich alles Nötige zum Campen dabei hatten, dann drehten Claudine und Yak um und wir fuhren alleine weiter. Es dauerte nicht mehr lang, dann erreichten wir den Nationalpark Lauca. Erkennbar einerseits an den beiden wunderschönen Vulkanen Parinacota und Pomerape über dem Lago Chungara, andererseits an den Schlaglöchern in der Strasse.

Wir genossen erst mal den grossartigen Anblick, dann machten wir uns an die letzten 20 Kilometer zum Lago Chungara mit dem Zeltplatz. Das war weniger leicht als es sich anhört, denn die Strasse da dort oben ist wirklich alles andere als gut. Dort wird einem der Begriff 'Schlagloch' mal so richtig klar gemacht. Wenn man nämlich ins Loch führt, dann gibt es im Auto einen Mordsschlag. Es sind ja nicht allzu viele Fahrzeuge unterwegs dort oben (nahezu alle sind jedoch LKW, die auf dem Weg nach oder von Bolivien, sind) so dass man meistens viel Platz zum Ausweichen hat. Wenn man das eine Weile beobachtet, bekommt man den Eindruck, es seien laute Betrunkene unterwegs.

Wir kamen kurz bevor die Sonne hinter dem Horizont verschwand am Zeltplatz am Lago an. Der Sonnenuntergang war grossartig, dann mussten wir uns recht fix dran machen, unser Zelt aufzubauen. Der Zeltplatz liegt neben einer Ranger-Station, ist aber privat betrieben. Das hat den Vorteil, dass man sich mit frischem Wasser versorgen kann und dass es Toiletten hat. Ausser uns waren 3 Holländer da, die uns später erzählten, dass sie auch auf den Parinacota wollten. Vor uns allerdings, wir wollten ja erst mal auf andere Berge.

Als wir uns mit dem Ranger, Patricio, unterhielten und erzählten, woher wir kamen und was wir weiter vor hatten, empfahl der uns, zur weiteren Akklimatisation den Berg hinter dem Zeltplatz zu ersteigen. Das fanden wir eine gute Idee, denn da mussten wir nicht den plötzlich so kostbaren Sprit verfahren.

Zum Kochen und Essen setzen wir uns auf die Bänke zwischen den Mäuerchen, die die einzelnen Zeltplätze voneinander trennten. Trotz des leichten Windes (der in dieser Höhe natürlich eiskalt war) war es da ganz gut auszuhalten. Zur Vorspeise gab es Nudelsuppe, aber da wurde uns das ganz deutlich, was wir eigentlich schon wussten. Nudeln kann man so weit oben nicht kochen. Das Wasser wird nicht heiss genug dafür und die Nudeln werden matschig. So war die Suppe zwar heiss und wärmte, liess von der Konsistenz aber ziemlich zu wünschen übrig.

Dann sassen wir bei Tee (ich) und Bier (Ralle) aneinander gekuschelt auf der Bank und beguckten uns den vom Mond beleuchteten Parinacota über dem Lago Chungara. Hach!

Bilder:
Rückblick auf Iquique   Gerade aus dem Küstenbereich heraus öffnet sich der Blick ins Hochland   Die selbstgebastelte Terrassen-Ausstattung beim   Der geheimnisvolle Anti-Höhenkrankheitstee   Werbung beim   Der erste Blick auf Parincota und Pomerape im Nationalpark Lauca   Blick vom Zeltplatz über die Laguna Chungara zu Parinacota und Sajama (Bolivien, Bildmitte)   Sonnenuntergang am Parinacota  

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