Vulcano: Gran Cratere
30.04.2002
Aliscafi fahren
Das erste richtige Highlight des Urlaubs soll der Besuch von Gran Cratere, eines aktiven Fumarolen-Vulkans, auf Vulcano sein. Für den dritten Wandertag völlig angemessen, denken wir.
Diesmal sind wir das Getümmel am Hafen schon etwas mehr gewöhnt und dank der gestrigen Erfahrung wissen wir auch, welches der drei Aliscafi unser Boot ist. Wir wollten zwar erst mit dem nächsten Aliscafi um 8.10h fahren, aber die nehmen uns auch auf den Aliscafi um 7.50h mit. Umso besser.
In Vulcano empfängt uns ein scharfer Schwefelgeruch. Komisch, auf dem Zwischenstopp von Milazzo war mir das kaum aufgefallen. In Vorfreude betrachten wir den Gran Cratere, der vielversprechende Rauchwolken aus den uns zu gewandten Fumarolen stösst.
Wir sind so ziemlich die einzigen Touristen, die sich um die frühe Uhrzeit auf den Weg zum Krater machen. Nur ein einzelner Italiener läuft mit uns die lange Strasse entlang. Unseren Auskünften, wo der Abzweig zum Krater sei, scheint er nicht zu trauen, denn er hält auch noch ein Auto an und fragt weiter.
Dabei ist der Abzweig zum Krater wirklich nicht zu übersehen. Riesige viersprachige Schilder weisen auch dem blindesten Touristen den Weg. Wir stapfen erst durch feinen schwarzen Lavasand und duftenden Ginster, dann auf spektakulär ausgewaschenem roten Ton dem Kraterrand entgegen. Im oberen Drittel sehen wir links vom Weg die ersten Fumarolen und der Ralle erklärt mir, dass die Schwefeldämpfe nur schwach giftig seien.
Im schlimmsten Fall würde sich zusammen mit Wasser Schwefelsäure bilden (Ach? Und die Lungenbläschen verätzen oder wie?). Ich gehe ganz einfach davon aus, dass sogar die Italiener den Zugang reglementieren würden, wenn die Gase wirklich gar so giftig wären. Und Pah! Was ist schon so ein bisserl Schwefelsäure gegen das Erlebnis in heissem stinkendem Dampf auf einem aktiven Vulkan herum zu laufen?
Am Krater
Als wir den Kraterrand erreichen, sind wir fast die einzigen Menschen, die sich so früh da droben herum treiben. Uns zuliebe zeigt der Vulkan, was er kann und stösst haufenweise Schwefeldampf aus. Wir gehen nach links, genau mitten in die aktivsten Fumarolen hinein. Es ist hochinteressant.
Der Dampf ist an den Austrittstellen glühend heiss, kühlt aber recht schnell ab, so dass einem nur sehr warme Lüfte um die Beine streichen. Als ich einen interessanten Stein aufheben will, verbrenne ich mir aber fast die Finger. So ganz traue ich dem Dampf aber doch nicht und ich versuche eingedenk der Schwefelsäure-Erklärung nur dann zu atmen, wenn ich nicht grad mitten im Dampf stehe. Das ist auch gut so, denn der volle Atemzug, den ich einmal aus Versehen erwische, haut ganz schön rein. Pfui Teufel!
Der vulkanische Dampf bildet über allen Steinen einen gelben Schwefelüberzug. Die Formationen, die der zarte kristalline Schwefel annimmt, sind fantastisch und wir können uns kaum satt sehen an den vielfältigen filigranen Gebilden und gucken und fotografieren lang und ausgiebig. Sogar meine lange Hose nimmt schon langsam eine gelbliche Färbung an.
Dann sind die Fumarolen leider zu Ende und wir steigen die letzten Meter zum höchsten Punkt der Kraterrandes empor. Dort bietet sich ein toller Blick auf das Valle Roia und die Hochebene von Piano und ich beschliesse spontan, das Valle in die Liste meiner Wunschziele aufzunehmen.
Wir gehen, als sich eine grosse Wandergruppe auf den Gipfel zu bewegt. Inzwischen befinden sich ganze Heerscharen von Menschen auf dem Kraterrand und wir verlassen den Vulkan, nicht ohne einen letzten Blick auf die Fumarolen, die inzwischen bei weitem nicht mehr so stark dampfen, zu werfen.
Auf dem Rückweg kaufen wir einem der fliegenden Händler 4 Orangen ab und machen uns auf zum nächsten Highlight des Tages - zum Schwefelschlammbad.
Das Schlammbad
Ein beissender Geruch in der Luft macht unmissverständlich klar, dass wir uns dem Schlammbad nähern. Obwohl wir inzwischen durch den Aufenthalt am Krater an den Schwefelgeruch gewöhnt sind, treibt uns die Intensität des Gestanks am Schwefelbad fast die Tränen in die Augen. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt, denken wir uns und löhnen am Eingang 2 Euro Eintritt.
Vor uns liegt in einer Vertiefung eine flache Pfütze, in der mattes schlammiges ockerfarbenes Wasser leise vor sich hin brodelt (und stinkt). Etwa 10 Leute befinden sich in der und um die Pfütze. Die meisten liegen im Wasser oder reiben sich hellen Schlamm auf die Arme. Die ganz harten schmieren sich das Zeug auch ins Gesicht. Eine Frau reibt sich von Kopf bis Fuss mit Schlamm ein und lässt das dann in der Sonne trocknen. Sie sieht aus wie das leibhaftige Schlammmonster.
Wir ziehen uns um und waten vorsichtig in die Pfütze hinein. Wider Erwarten ist der Boden fest, nicht weich und matschig. Überall blubbert es. Das Wasser ist gerade so warm, dass man nicht friert, wenn man drin ist. Da wo es blubbert, kommt warmes Wasser aus dem Boden, Man muss ein wenig aufpassen, denn hin und wieder kommt es richtig heiss raus und man verbrennt sich die Füsse oder den Hintern.
Unter dem Rand des Tümpels kann man den heissen Schlamm hervor graben, den sich mansche Leute so begeistert überall hin schmieren. Ich passe und verziehe mich ins Meer, um das schwefelige Zeug wieder von mir ab zu kriegen. Zuerst aber spüle ich sorgfältig jedes Restchen Schlamm von mir, denn es ist verboten, den Fango, der grosse Heilkraft haben soll, aus dem Tümpel zu entfernen.
Auch im Meer hat es Stellen, wo warmes Wasser aus dem Boden tritt und so ist das Abspülen weniger schlimm, als ich befürchtet hatte. Um genau zu sein, ist es an manchen Stellen im Meer sogar wärmer als im Schlammtümpel.
Faul sein
Als sich dann auch der Ralle von dem heilkäftigen Schlammbad trennen kann, gehen wir ein paar Schritte weiter zum Strand und beschliessen den Tag mit einem ordentlichen Sonnenbad. Doch, das hat auch was, in der Sonne zu braten, die restliche Flugzeugzeitung aufzulesen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen.
Bevor wir mit der letzten Fähre zurück fahren, trinken wir noch einen Capuccino in einer der Hafenkneipen. Als ich aufs Klo gehe, traue ich meinen Augen kaum: ich habe einen lackschwarzen Bändel um den Hals. Bei genauerem Betrachten stellt sich der Bändel als meine silberne Halskette heraus, der das Schwefelbad überhaupt nicht gut getan hat. Sie sieht aus, als wäre sie schwarz eloxiert worden. Meine Ohrringe, die nicht direkt im Schlamm waren sondern nur den Dampf abbekommen haben, sehen fast genauso aus. Ich bin gespannt, ob das daheim wieder weg geht.
An diesem Abend suche ich die 'Kashbah' aus dem Führer heraus. Das Restaurant hat wirklich einen entzückenden Garten im Innenhof und der junge Ober, der uns zugeteilt ist, gibt sich wirklich sehr Mühe. Leider ist unser Tischchen so klein, dass wir uns nicht trauen, neben der Pizza auch noch Salat zu bestellen. Noch ein Teller hätte beim besten Willen nicht mehr auf darauf gepasst. Bis zum Erhalt der Rechnung sind wir sehr zufrieden, dann fällt uns der Kinnladen runter: 14 Euro hat der Wein gekostet! Na, die haben uns aber sauber abgezockt!
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