G'schicht'n vom Louis
Es war ein grauer Tag Anfang Dezember. Ralle und ich saßen beim Frühstücken in der neuen Wohnung. Der Frühstückstisch war festlich gedeckt und mit ein paar Kerzen versehen, so daß sich ein gemütlicher warmer Schein um uns herum ausbreitete. Wir genossen unsere Ruhe.
Plötzlich ertönte ein seltsames Geschrei. "Was ist denn das?", fragten wir uns. Ralle zuckte die Achseln: "Von drinnen kann es nicht kommen. Ist egal." Aber der Lärm hörte nicht auf und so gingen wir gucken. Vor unserer Balkontür saß ein großer weißer Kater mit grauen Flecken und schaute uns erwartungsvoll an.
"He, der will rein!", stellten wir fest. Wir diskutierten, ob wir ihn reinlassen sollten. Ich war dagegen. Wenn der erst mal drin war, will er immer wieder rein. Außerdem hat's hier insgesamt 8 oder 9 Katzen und wenn die alle mal reinwollen ... Nein! Ralles weiches Herz konnte den Kater aber nicht da draußen in dem scheußlichen Wetter sitzen lassen und so öffnete er die Tür.
Der Kater sauste rein, durch's Wohnzimmer durch und miaute die Wohnzimmertür an. Verwundert öffnete Ralle auch diese Tür. Sofort setzte sich der Kater vor die Wohnungstür und entschwand in den Hausgang sobald die Tür offen war. Aha, der wollte bloß durch. Da sag' einer, Tiere seien nicht schlau. Nun, damit konnte ich leben, dachte ich ...
Danach saß dieser dicke weiße Kater regelmäßig auf unserem Balkon und wollte rein. Er ließ sich immer mehr Zeit beim Durchgehen und beschloß dann, diese Wohnung zu seiner zu erklären. Wir fragten bei den Nachbarn nach: Der dicke Kater heißt Louis.
Der Kraftakt
Wir wohnen im Ergeschoß. Dennoch ist unsere Balkonbrüstung gute 2,50m vom Boden entfernt. Am Anfang, als vor dem Balkon noch diese kleinen Krüppelbäume (mit den vielen Kreuzspinnen) standen, sind die Katzen über diese Bäume auf unseren Balkon gestiegen. Da hatten wir noch mehr Besuch, denn von den 8 oder 9 Katzen, die es in der Umgebung hat, sind wenigstens drei oder vier hin und wieder auf unserem Balkon in der Sonne gelegen oder haben von der Brüstung aus die Konkurrenz beobachtet.
Unser Vermieter hatte im Frühjahr in einem Anfall von Aufräumwut den ganzen Vorgarten umgekrempelt und dabei fielen ihm auch die komischen Krüppelbäume zum Opfer. Schön, dachten wir. Mehr Licht, weniger Spinnen und weniger Katzen.
Kaum eine Woche später saß aber der Louis wieder vor der Balkontür. Hmm, wie macht der Kerl das? Eingehende Beobachtungen zeigten, daß unser schlauer Kater zunächst auf die Mülltonne und dann auf die Balkonbrüstung sprang. Nicht daß wir was dagegen hätten, daß er sich auf unserem Balkon sonnt, aber wissen wollten wir es ja schon: Kann er auch ohne Mülltonne hoch? Wir stellten die Tonne weg.
Kaum drei Wochen später saß der große weiße Kater wieder auf dem Balkon. Er kann's also doch! Wir waren beeindruckt, denn immerhin ist der Balkon ziemlich hoch. Heimlich haben wir beobachtet, wie dieser bärenstarke Kerl mit einem riesigen Satz die gut 1,5 Meter vom Boden bis an die Bastmatten an unserem Balkon machte und dann an den Bastmatten hoch bis auf die Brüstung kletterte. Er braucht grade mal 5 Sekunden für die 2,5 Meter!
Louis und das Gerüst
Die Wetterseite des Hauses mußte renoviert werden. Als ich am Freitag heim kam, stand da schon ein großes häßliches Baugerüst. Der unterste Laufsteg ging mitten über unser Küchen- und Schlafzimmerfenster. Sah scheußlich aus. Wir zogen, so gut es ging, die Vorhänge davor.
Für Samstag war kein schönes Wetter angesagt, also schliefen wir aus. Als ich mit dem ersten Licht aufwachte, regnete es und ich drehte mich wieder um. Mmmh, ist das schön im Bett!
Plötzlich schrecke ich hoch. Neben meinem Ohr miaut der Louis! Wie kommt der hier rein? Aber ich konnte keinen Kater in unserem Schlafzimmer entdecken. Ralle stupste mich an: "He, schau' mal da!" und deutete zum Fenster. Da war er, der neugierige Kater. Saß auf dem Baugerüst und wollte rein. Hatte sich auf dem Baugerüst verstiegen und traute sich nicht wieder runter. Er versuchte auf das Fenstersims zu steigen aber er zögert noch ein wenig. Gut so, denn das ist naß und abschüssig und er wäre vermutlich runtergefallen. Ralle läßt ihn rein.
Danach war der Kater von dem Baugerüst fasziniert. Von unserem Balkon aus sprangt er auf das Gerüst und lief den Laufsteg vor und zurück. Nach dem ersten Mal, wo er sich noch nicht getraut hatte, vom Gerüst auf den Balkon zurück zu springen, wurde er mutiger und mußte nicht mehr gerettet werden. Solange das Gerüst stand, konnte es immer wieder passieren, daß einem der Kater in der Küche oder im Schlafzimmer in den Rücken miaute.