EngelChronik 2017 - Peru & Bolivien

Cruz del Condor und Aufstieg zum Hualca Hualca High Camp

20.09.2017

Übernachtung: Hualca Hualca Highcamp, 4860m

Wir trafen uns sehr früh zum Frühstück, denn vor dem Aufstieg ins Highcamp standen noch Kultur und vor allem Kondore auf dem Programm. Unser Guide für das Colca-Tal hätte uns schon im Hotel treffen sollen, doch er tauchte nicht auf. Richie meinte seufzend, der Mann sei immer zu spät, dabei gäbe er ihm ja schon immer eine frühere Zeit.

Wir gaben ihm noch 5 Minuten und fuhren dann los. Die Zeit war knapp, denn wir mussten zu einer bestimmten Zeit am Cruz del Condor sein. Unser erster Stopp war Yanque. Richie hatte uns erklärt, dass die Volksgruppen im Colca-Tal berühmt für ihre traditionellen Tänze seien. Als wir in Yanque ausstiegen, führten Schulkinder auf dem Platz vor der Kirche Tänze auf und hofften auf Touri-Spenden, um damit eine Klassenfahrt zu finanzieren. Zumindest erklärten das die Spenden-Einsammler.

Kinder tanzen in Yanque
Kinder tanzen in Yanque

Ich bekam das anfangs gar nicht so richtig mit, denn Ralle und ich liefen einer Dame mit einem angeleinten Adler (?) über den Weg, die mir den Vogel geschickt auf den Arm setzte, bevor ich auch nur an Protest denken konnte. Der Vogel war viel leichter, als ich der Größe nach vermutet hätte und war nicht sehr gut gelaunt. Er zwickte sofort in meinen Finger, als ich versuchte, seine Brust zu streicheln. Aber ich wäre vermutlich auch genervt, wenn ich angeleint auf dem Arm einer x-beliebigen Touristin sitzen müsste.

Gruppenbild mit Adler und Alpaka
Gruppenbild mit Adler und Alpaka

Ich war derart von dem Vogel überwältigt, dass ich gar nicht mitbekam, dass mir eine Lady im Rollstuhl für die Fotos gleich auch noch ein Alpaka zur Seite stellte. Das stellte ich erst hinterher auf dem Foto fest. Insofern war sie wohl doch nicht so unverschämt, wie ich dachte, als sie nachher auch ein Trinkgeld wollte. Ich gab ihr aber auch einen Soles (der gängige Preis für Fotografieren), weil ich dachte, Rollstuhl und so, das ist nicht ja auch nicht einfach.

Als wir uns nach einer knappen halben Stunde am Bus wieder trafen, war auch unser Guide eingetroffen und erklärte uns auf dem Weg zum Cruz del Condor noch allerlei über das Colca-Tal. Da ist aber wirklich nichts hängen geblieben, außer dass die Colca-Bewohner Höhlengräber an den steilen Felswänden des Tals anlegten. Wir hielten dann auch an einer Stelle, wo man solche Höhlengräber gut sehen konnte.

Felswand mit Höhlengräbern
Felswand mit Höhlengräbern
Höhlengräber in der Felswand
Höhlengräber in der Felswand

Als wir am Cruz del Condor ankamen, war ich ein wenig baff, dass da gar so viele Leute waren. Natürlich ist das die Attraktion schlechthin im Tal und natürlich wollen alle Touris zum gleichen Zeitpunkt dort hin, aber wir hatten eigentlich kaum Busse oder Autos gesehen. Dachte ich. Wie auch immer die sich an uns vorbei geschlichen hatten ... es war voll.

Unser Guide erklärte uns, dass die Kondore des Colca-Tals in den steilen Felswänden (bis zu 1200 Meter hoch) des Tals wohnten und sich normalerweise am Vormittag mit der Thermik nach oben tragen lassen, um nach Futter zu suchen. Angeblich werden die Kondore am Cruz nicht speziell gefüttert, aber wenn mal ein Schaf oder Esel verendet, dann wirft man es doch ganz gern mal genau da hinunter. Wenn keine Thermik herrscht, dann sieht man auch keine Kondore, denn die Vögel sind zu schwer, um aus eigener Kraft den ganzen Weg bis zum Rand der Schlucht zu fliegen.

Der Guide schärfte uns noch ein, leise zu sein, dann bekamen wir eine gute Stunde Zeit. So richtig klar war ja nicht, wo die Kondore denn auftauchen würden. Oder ob sie auftauchen würden. Weil es am Cruz selbst so voll war, spazierten wir zum zweiten Aussichtspunkt hinüber.

Und dann tauchten sie auf, die Kondore. Erst einer, dann zwei, drei, dann viele. Und riesig sind die! Am Ende waren es sicherlich 25 bis 30 Vögel.

Cruz del Condor mit Kondoren
Cruz del Condor mit Kondoren
Erwachsener Kondor im Flug von hinten
Erwachsener Kondor im Flug von hinten

Alle schwebten in großen Kreisen aus der dunklen Schlucht hinauf. Keiner schlug mit den Flügeln, alle ließen sich mit weit ausgebreiteten Flügeln von der Thermik tragen. Die meisten kreisten tatsächlich direkt am Cruz del Condor, teilweise nur ein paar Meter über den Menschen. Von unserem Aussichtpunkt aus hatten wir einen guten Blick auf die Vögel und mit den Kameras war es auch gar kein Problem, die Vögel heran zu zoomen. Es war allerdings nicht einfach, den Vögeln mit der Kamera zu folgen und scharfe Bilder zu machen (90% meiner Bilder waren unscharf, Ralles Ausbeute war besser, aber bei 200+ Bildern pro Kamera spielt das keine Rolle ;-)).

Erwachsener Kondor im Flug von vorn
Erwachsener Kondor im Flug von vorn
Junger Kondor im Flug
Junger Kondor im Flug

Die Jungvögel sind braun, die erwachsenen Vögel sind schwarz mit weißer Halskrause. Drei Jungvögel ließen sich nacheinander auf einem großen Felsen direkt unter dem Cruz nieder und ruhten sich da aus. Der Anflug schien nicht einfach zu sein, denn 2 der 3 brauchten mehr als einen Anlauf, um dann doch zu landen.

Am Cruz del Condor
Am Cruz del Condor

Wir gingen zurück zum Cruz und machten auch von da noch Bilder. Dort flogen die Vögel viel dichter vorbei (riesig!), deswegen waren sie noch schwerer zu fotografieren. Die drei Jungvögel saßen ungerührt eine halbe Stunde auf ihrem Felsen, grad mal 20 Meter von den Leuten entfernt und ließen sich nicht stören. Ideal zum Fotografieren :-)

Drei junge Kondore auf dem Rast-Stein
Drei junge Kondore auf dem Rast-Stein

Die Vögel verschwanden alle langsam im weiten Himmel über dem Colca-Tal und auch die drei vom Felsen flogen weg. Das passte ganz gut, denn unsere Zeit war um. Wir stiegen in den Bus und fuhren zurück nach Pinchollo, wo der Schotterweg zu den Geysiren vom Hualca Hualca (und zum Berg selbst) abzweigt. Da wurde es für mich interessant, denn der Weg auf den Hualca Hualca ist nicht in der Karte und ich hatte mir anhand der Beschreibungen, der Satellitenbilder und der Höhenlinien einen Track gemalt. Ich war gespannt.

Der Abzweig war einfach gewesen und den hatte ich auch richtig erkannt. Dann aber fuhr der Bus auf der Schotterstraße viel weiter als ich für möglich gehalten hatte und mein 'Basecamp' (per meiner Definition da, wo man noch hinfahren kann) rutschte erfreulich weit nach oben. Armando fuhr mit dem Bus 3 Mal durch den Bach und das war echt abenteuerlich, weil die Schotterstraße da ganz schön ausgewaschen war. Auf etwa 2/3 des Weges überholten wir 3 Männer, die mit einem Trupp Esel die Straße hinauf joggten. Ja, joggten. Auf 4100 Metern. Und einer von denen hatte nur so Gummireifen-Sandalen an!

Geysir am Hualca Hualca
Geysir am Hualca Hualca
Geysire mit Hualca Hualca im Hintergrund
Geysire mit Hualca Hualca im Hintergrund

Wir kamen mit dem Bus bis auf 4360 Meter und hielten an den Geysiren. Also eher an dem Geysir, denn da war eigentlich nur einer, auch wenn es an mehreren Stellen im Bach dampfte und zischte. Nachdem wir dem Geysir einen kurzen Besuch abgestattet hatten, schickte uns Richie ein paar Meter weiter hinunter und da wartete an einer windgeschützten Stelle der erste Teil unseres Teams auf uns und hatte das Mittagessen aufgebaut: Tee, Kaffee, Obst und Schalen für Suppe.

Mittagessen
Mittagessen
Fachgespräch. Julio, Richie, Gary, Renzzo
Fachgespräch. Julio, Richie, Gary, Renzzo

Außer dem Küchenteam (Julio, der Koch, sein Sohn Name-vergessen, auch Koch, und noch ein Helfer) wartete auch unser zweiter Bergführer, Gary, dort auf uns. Gary war im Gegensatz zu Richie und Renzzo vor ein paar Tagen schon auf dem Hualca Hualca gewesen. Er sprach kein Deutsch, nur Englisch und natürlich Spanisch.

Zum Mittagessen gab es eine Gemüsesuppe mit Nudeln, die noch viel besser gewesen wäre, wenn Richie wie versprochen unserem Koch mitgeteilt hätte, dass er bitte keinen Koriander nehmen solle. Glücklicherweise hielt sich der Koriander in Grenzen, deswegen schmeckte die Suppe trotzdem gut. Und Richie holte die Koriander-Warnung umgehend nach :-)

Als wir beim Mittagessen saßen, trafen die Eselführer mit ihrem Trupp Esel ein (es waren tatsächlich die 3 joggenden Männer von der Straße gewesen, die in Rekordzeit hier oben angekommen waren). Die Männer standen alle beisammen, aßen Obst und Suppe und diskutierten, die Esel standen ein Stück weg und betrachteten uns neugierig. Einer trat vorsichtig ein Stück auf uns zu, aber als Franz energisch "Stopp!" rief, blieb er doch stehen.

Die Esel-Truppe
Die Esel-Truppe

Nach einer Weile rief Richie zum Aufbruch. Wir packten unsere Rucksäcke und überließen das Gepäck und den Mittagstisch und alles dem Team. Gary führte uns erst ein Stück den Bach hinauf und dann nach links aus dem Bach heraus auf den Rücken zum nächsten Tal. Damit war dann meine GPS Planung hinfällig, ich wäre nämlich im ersten Tal weiter aufgestiegen. Aber egal, dafür hat man ja die lokalen Experten :-)

Aufbruch ins Highcamp
Aufbruch ins Highcamp
Auf dem Weg ins Highcamp
Auf dem Weg ins Highcamp

Gary lief ein wunderbares Tempo, sehr langsam, sehr gleichmäßig. Wir stiegen zunächst auf den Rücken und gingen auf dem dann weiter, bis wir nach etwa anderthalb Stunden auf eine kleine Ebene mit Gras und einem Bach auf etwa 4740 Meter Höhe kamen. Das sah nach einem schönen Lagerplatz aus und ich war geistig eigentlich schon angekommen und wollte den Rucksack ablegen. Gerade hier überholten uns die Esel und die Treiber und das Team und stiegen weiter auf. Da blieb dann ja nichts als auch weiter aufzusteigen. Aber das war ja eine gute Sache, denn alles was wir heute aufstiegen, würden wir morgen nicht aufsteigen müssen.

Die Esel holen uns auf der unteren Grasebene ein
Die Esel holen uns auf der unteren Grasebene ein

Wir legten nochmal etwa 100 Höhenmeter zurück und kamen auf eine kleinere Grasebene mit Bach auf 4850m, die noch viel idyllischer lag als die erste. Das Team hatte schon angefangen, die Esel abzuladen und das Küchenzelt zu errichten. Wir machten kurz Pause und bauten dann alle unsere Zelte auf. Wobei wir da eigentlich nur den Jungs vom Team ein wenig zur Hand gingen, denn die hatten den hatten den Zelt-Aufbau so gut und schnell drauf, dass wir da eigentlich überflüssig waren.

Unser Highcamp mit Hualca Hualca im Hintergrund
Unser Highcamp mit Hualca Hualca im Hintergrund

Bis wir dann unser Zeug (Matten, Schlafsäcke) ausgepackt hatten, stand auch das Messezelt und es gab Tee. Ich ging schon mal vor und hörte dann aus der Richtung von unserem Zelt wüstes Gefluche. Da war was ganz dumm gelaufen, denn Ralles Steigeisen hatten eine Dose des Sixpack Bier, das er mit in die Esel-Tasche gepackt hatte, durchlöchert und nun schwammen die Expeditionshandschuhe und die ganz dicke Fellkappe in Bier.

Gary und Richie diskutieren die Route
Gary und Richie diskutieren die Route

Gut nur, dass man bei sowas nicht nur einen Satz Handschuhe und Mütze dabei hat. Wir hofften, dass es nicht so kalt werden würde, dass die 'normalen' Skihandschuhe und Mütze nicht ausreichen würden. Ralle wusch alles im Bach aus und hängte es ins Messezelt zum Trocknen, aber das Zeug stank natürlich trotzdem nach Bier und war für den Hualca Hualca definitiv nicht verwendbar.

Nach der Teepause gingen Ralle und ich noch zu Akklimatisationszwecken ein wenig spazieren. Ich hätte mich ja lieber hingelegt, aber der Ralle hatte natürlich Recht, auf einem Spaziergang zu bestehen. Die heutige Schlafhöhe lag über 1000 Meter höher als die bisher höchste Schlafhöhe und das widerspricht allem, was man so aus den Höhenanpassungs-Ratgebern kennt. Zumal ich mit Höhe ja eh nicht so besonders gut zurecht komme.

Akklimatisationsspaziergang
Akklimatisationsspaziergang

Wir spazierten also ein Stück Richtung Hualca Hualca mit dem Ziel, wenigstens 5000 Meter zu erreichen. Simon schloss sich uns an und war bei der 5000 Höhenmetermarke so begeistert, dass er gleich Ralles Navi fotografierte. Kein Wunder, er war noch nie so hoch gewesen. Auf meinem Navi fehlten noch 5 Meter, also ging ich noch ein klitzekleines Stück weiter, bis da auch 5000 Meter standen :-)

Wir kamen gerade Recht um 17:30h zum Abendessen im Lager an. Es gab Suppe, Fleisch mit Gemüse und Nachtisch. Alles ohne Koriander und es schmeckte sehr gut. Bevor wir uns in die Zelte und zum Schlafen zurückzogen, gab Richie noch die letzten Anweisungen. Alles mitnehmen (Steigeisen, Pickel, Gurtzeug, Helm), Aufstehen um 0:30h, Frühstück um 1:00h, Aufbruch um 1:30h.

Das Highcamp in der Nacht
Das Highcamp in der Nacht
Bild von Simon

Bilder:
Kinder tanzen in Yanque   Gruppenbild mit Adler und Alpaka   Felswand mit Höhlengräbern   Höhlengräber in der Felswand   Cruz del Condor mit Kondoren   Erwachsener Kondor im Flug von hinten   Erwachsener Kondor im Flug von vorn   Junger Kondor im Flug   Am Cruz del Condor   Drei junge Kondore auf dem Rast-Stein   Geysir am Hualca Hualca   Geysire mit Hualca Hualca im Hintergrund   Fachgespräch. Julio, Richie, Gary, Renzzo   Mittagessen   Die Esel-Truppe   Aufbruch ins Highcamp   Auf dem Weg ins Highcamp   Die Esel holen uns auf der unteren Grasebene ein   Gary und Richie diskutieren die Route   Unser Highcamp mit Hualca Hualca im Hintergrund   Akklimatisationsspaziergang   Das Highcamp in der Nacht  

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