EngelChronik 2010 - Chile

Zum Guallatiri Basecamp

18.06.2010

Der Plan war zwar, so lang auszuschlafen, bis die Sonne das Zelt erreichte, aber das hielt ich mal wieder nicht aus. Ich machte stattdessen schon mal Kaffeewasser und als das fertig war, kam auch der Ralle raus. Kurz drauf erreichte uns auch die Sonne.

Nach einem gemütlichen Frühstück, bei dem wir auch die 'Micky Mäuse' (relativ grosse, niedlich runde Mäuse, die laut der Ranger alles frassen, was nicht gut verschlossen war) fütterten, bauten wir das Lager ab und räumten alles in die Autos. Das bisher verbrauchte Wasser füllten wir an der Ranger-Station wieder auf (knapp 20 Liter) und starteten dann Richtung Grenze.

Die chilenische Grenzstation liegt ein ganzes Stück vor der eigentlichen Grenze. Die Abzweigung zum Acotango liegt aber hinter der Grenzstation, so dass wir nicht sicher waren, wie wir uns nun verhalten sollten. Insbesondere machte uns Sorgen, dass man ja keinerlei Lebensmittel nach Chile einführen darf. Wir wollten Chile zwar eigentlich nicht verlassen, aber wenn die Grenzer unsere Rückkehr vom Acotango falsch verstünden (als Einreise aus Bolivien), dann hätten wir ein Problem und plötzlich kein Essen mehr.

Wir hielten also an der Grenze an (grad mal 10 Kilometer nachdem wir losgefahren waren) und versuchten den Grenzbeamten unser Problem zu erklären. Angesichts unserer Spanisch-Fähigkeiten gestaltete sich das ein wenig schwierig, aber schliesslich wurden wir verstanden. Das allerdings führte dazu, dass die Grenzpolizei unsere Erlaubnis für die Grenzberge von der DIFROL sehen wollte.

Da zahlte es sich dann doch aus, dass ich mir im Vorfeld der Reise doch die Mühe gemacht hatte, mich durch die spanische Seite der DIFROL zu mühen und eine Expeditionsgenehmigung zu beantragen. Laut diverser Kommentare im Netz, muss man die nicht unbedingt haben, wenn man im Hinterland irgendwo hinaufsteigt. Zumindest so lange niemand weiss, dass man das tut. In unserem Fall hatten wir aber direkt selber darauf hingewiesen und daher war es nun gut, eine Genehmigung vorweisen zu können. Die 'Expedición de Andinismo No 150' :-)

Zu unserem grossen Unbehagen behielt der Beamte das Original ein. Damit hatte ich nicht gerechnet, denn dann hätte ich den Zettel, den ich als PDF vom Chilenischen Aussenministerium bekommen hatte, noch ein paar Mal ausgedruckt. Nach einigem Hin und Her wurde uns versichert, dass wir den Zettel zurück bekommen würden, wenn wir uns nach der Besteigung zurück melden würden. Wir legten fest, dass wir uns nach spätestens 5 Tagen zurück melden würden. Wenn nicht, würde auf unsere Kosten (wie in der Expeditionsgenehmigung festgeschrieben) eine Rettungs-Aktion gestartet.

Nachdem wir die bürokratischen Hürden alle hinter uns gebracht hatten, bogen wir direkt hinter der Grenzstation von der Strasse nach Bolivien auf eine kleine Piste ab und fuhren auf 'unsere' Berge zu. Die Nevados de Quimsachata mit dem Vulkan Acotango, Cerro Capurata und daneben der Vulkan Guallatiri. Die Flanke am Actotango, über die aller Wahrscheinlichkeit nach die Besteigung erfolgen würde, war deutlich zu erkennen.

Ab dem Abzweig auf die Piste fuhren Ralle und ich vorne weg, denn ich hatte mir die Pisten, die zum Berg führen würden, vorher als Route im GPS abgespeichert. Sorgfältig von GoogleEarth abgemalt, denn die Auflösung der Atacama-Wüste ist so gut, dass man dort auch kleine Pisten gut erkennen kann. Anfänglich war die Route nicht nötig, denn es gab nur diese eine Piste und sie war gut zu erkennen. Aber es war gut, eine Bestätigung zu haben, denn Schilder gab es natürlich keine.

Wir passierten eine Art Freiluftkirche und ein Badehäuschen (Thermas Chirigualla) an einer heissen Quelle und bogen kurz vor einem letzten Dorf auf die Piste zu den Nevados de Quimsachata ab. Nach dem Dorf wurde die Piste deutlich schmaler und steiniger, war aber durchgehend gut zu erkennen. An einer Stelle kam uns ein Geländewagen, der eindeutig mit Bergsteigern besetzt war, entgegen. Das hiess, wir waren auf jeden Fall auf der richtigen Piste. Der Meinung war auch das GPS, sehr positiv.

Wir näherten uns den Bergen und kamen immer höher. Auf einer Sandebene auf etwa 5000m Meter trennten sich die Pisten zum Guallatiri und zum Acotango. Wir hielten uns links und folgten der nun sehr schmalen Piste um einen Ausläufer des Guallatirti herum in Richtung Acotango. Je näher wir dem Vulkan kamen, umso deutlicher konnten wir die Fortsetzung der Piste erkennen, die erst am Guallatiri entlang und dann am Rande einer tiefer gelegenen Sandebene zum Acotango führte.

Allerdings wurde die Piste immer schlechter. Um zur nächsten Sandebene hinab zu kommen, mussten wir zunächst 2 enge Kehren in der steilen Guallatiri-Flanke absolvieren und dann die gesamte Flanke queren. Von oben war das gut zu sehen, als wir aber vorsichtig die beiden Kehren hinter uns gebracht hatten, war plötzlich Schluss: den Rest der Piste die gesamte Flanke entlang hatte der Guallatiri bereits zurückerobert und mit Sand und Steinen bedeckt. Zu Fuss hätte man noch gut gehen können, für die Autos war hier Schluss.

Mühsam bugsierten wir die Wagen ein Stück zurück und wendeten. Auf der Fläche über den beiden Kehren hielten wir Kriegsrat. Da nun der Weg zum Acotango so weit geworden war, wäre ein Aufstieg an einem Tag nicht mehr machbar. Wir würden wohl ein Hochlager machen müssen. Dazu mussten wir aber erst mal einen Platz für ein Basislager finden. In der Karte war das genau hier auf dieser Fläche vor den beiden Kehren eingezeichnet (nun war auch klar warum, wir hatten und schon gewundert), aber hier wehte ein unangenehmer starker und kalter Wind. Wir brauchten Windschutz.

Wir fuhren ein Stück zurück. Und dann noch ein Stück. Und dann noch eines, bis wir schliesslich auf der Sandebene angelangt waren, wo die Piste zum Guallatiri abgezweigt war. Statt weiter zurück zu fahren wandten wir uns Richtung Guallatiri (höher ist besser) und suchten hier weiter. Schliesslich fanden wir einen wunderbaren windgeschützten Platz am Ende eine Kehre ..... das Guallatiri Basecamp!

Dass wir hier bleiben würden, war sofort klar, der Platz war einfach genial. Und wo wir schon mal da waren: Der Guallatiri ist auch ein 6000er, wir waren eh schon im Basecamp und eigentlich war es ja egal, welchen der einfachen Berge wir uns hier vornähmen. So wurde unvermutet der Guallatiri zum Ziel des nächsten Tages.

Als erstes bauten wir die Zelte auf und machten kurz Brotzeit. Das war in der Sonne und ausserhalb des Windes sogar richtig angenehm. Zur weiteren Akklimatisation spazierten wir dann die Piste weiter Richtung Guallatiri. Obwohl die Piste laut Karte noch mindestens 3 Kehren weit die Flanke hinauf gehen sollte, stoppte uns nach etwa einem Kilometer ein riesiger Steinverhau. Auch hier war die Piste von Steinen und Geröll zugeschüttet. Damit hatten wir diesmal aber gerechnet, denn so stand es auch im 6000er-Buch.

Zurück am Lager stellten Ralle und ich fest, dass unser X-Tail einen Platten hatte. Angesichts des Zustandes der Pisten, die wir bislang gefahren waren, war das kein Wunder - eher, dass sowas nicht schon vorher passiert war. Wir mussten das Auto komplett ausräumen um ans Ersatzrad zu kommen und bekamen dann erst mal einen Schrecken. Unsere tollen Geländewagen waren nämlich mit Alufelgen und dementsprechend auch mit Alu-Radmuttern ausgestattet, aber nicht mit normalen Radbolzen für die Stahlfelge des Ersatzrades. Glücklicherweise liess sich aber das Ersatzrad trotzdem sauber befestigen.

Danach gab es erst mal Kaffee, dann fingen schon die Abendvorbereitungen an: Erst mal Rucksack packen und Zeug herrichten für die Besteigung am nächsten Tag, dann Unmengen Wasser für 4 Leute kochen, für den abendlichen Tee, für den Abwasch, für den morgendlichen Tee ... und - ganz wichtig - für die Schlafsack-Wärmflasche. Claudine und Yak schmissen unterdessen das Abendessen: Rindergeschnetzeltes mit haufenweise Zwiebeln und Rotweinsauce, dazu Kartoffelbrei. Das war wirklich fein, ein Gourmet-Menu auf 5100m.

Allerdings war es inzwischen empfindlich kalt geworden, daher verzogen wir in die Autos zum Essen. Auch so war das Essen am Ende fast kalt, dafür waren aber alle Scheiben angelaufen (und angefroren). Danach dauerte es nicht mehr lang, bis wir in die Zelte verschwanden. Aufstehen kurz nach fünf, Frühstück (Müsli mit Trinkjoghurt), Tee kochen, Start um 6 zum Guallatiri. Aufregend, mein erster 6000er!

Bilder:
Lagerleben   Auf dem Weg zu den <a href=Nevados de Quimsachata. In der Mitte der Acotango, rechts der Guallatiri ' title='Auf dem Weg zu den Nevados de Quimsachata. In der Mitte der Acotango, rechts der Guallatiri ' class='pic' >   Das Freiluft-Kirchlein vor dem Guallatiri   Am heissen Pool. aus dem das Becken im Badehäuschen der Thermas Chirigualla gespeist wird.   Ende der Piste zum Acotango. Ganz schön weit noch!   Im Guallatiri-Basislager.   Fundstück   Akklimatisations-Spaziergang, im Hintergrund der Acotango.   Radwechsel   Abendstimmung mit Acotango  

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