Die Engel-Chronik :-)

13.03.1999
20.30h: Alles ist im Auto verstaut. Nach dem frühlingshaften Nachmittag fühlt es sich völlig verkehrt an, zum Skifahren zu fahren ;-) Wir sind sicher, dass sich das schnell legen wird ...

Mein Standardspruch, die Busfahrt mache mir nichts aus, weil ich sowieso immer von Bregenz bis Albertville schlafe, hat diesmal nicht gestimmt. Ich bin schon vor Isny (etwa 30 km hinter Kempten) eingeschlafen :-)

14.03.1999
Als wir den Hügel hinab nach Annecy fahren, wache ich auf. Als ich sehe, wo wir sind, bin ich sofort hellwach. Es ist zwar noch dunkel, aber ich weiss ja, dass die ersten zwei Tage auf jeden Fall schön werden :-)

Aus meinem Logenplatz in der zweiten Reihe beobachte ich, wie der Himmel hinter den Bergen sich langsam blau färbt. Ich werde schon ganz zappelig :-) Aber es dauert noch eine Pause von einer Stunde und knapp 2 1/2 Stunden Fahrt, bis wir endlich in Val d'Isere sind. Noch eine Stunde müssen wir warten, bis der Busfahrer die Skipässe organisiert hat und dann werden wir auf die Pisten losgelassen.
Yeah!

Wie immer fangen wir mit dem Skifahren an, weil das weniger anstrengend ist. Die Pisten sind hart in der Früh, aber auf dem Pissaillas Gletscher, gleich da wo der Col de L'Iseran ist, ist der Schnee immer noch fantastisch :-)

Nach dem Skitag holen wir uns den Schlüssel zu einem von diesen winzigen 1 Personen-Apartements für zwei und richten uns so häuslich ein wie möglich ;-) Das bedeutet vor allem, zu versuchen, den ganzen Skikrempel (vor allem die Skistiefel, die wir ja sogar je zweimal dabei haben, wegen den Snowboards) so geschickt wie möglich zu verteilen und trozdem noch Platz zum Durchgehen zu haben ...

14.03.1999
Wir haben beschlossen, erst mal am Stück Ski zu fahren und dann erst auf die Snowboards umzusteigen. So müssen wir uns nicht jeden Tag umstellen. Also geht's in der Früh erst mal mit den Skiern und dem Funival, einer Art U-Bahn, hinauf zur Bellevarde.

Heute wollen wir runter zum Stausee von Tignes. Das ist die längste Abfahrt im ganzen Skigebiet und wir wollen ganz früh dorthin, damit die tollen Buckelpisten da runter nicht ganz so sulzig sind.

Also fahren wir den direkten Weg nach Tignes runter, eine steile eisige Piste, auf der ich sofort merke, was ich bei der Vorbereitung vergessen habe: die Kanten meiner Ski zu schleifen! Nach jeder Kurve rutsche ich etwa 30 Meter die steile eisige Piste runter, weil die stumpfen Ski nicht richtig greifen. Der Ralle mit seinen neuen Skiern hat keine Probleme. Pfff :-((

Geschieht mir recht, denke ich und da passiert's: Der linke Ski verhängt an einem Eisvorsprung und der rechte rutscht ein Stück weiter ab. Weil ich nicht allzu schnell bin, dauert es Ewigkeiten, bis die Bindung auslöst und es tut hundsgemein weh. Auf dem rechten Bein bleibe ich stehen und gucke meinem linken Ski nach, der gemächlich aber unaufhaltsam die eisige Piste herunterrutscht. Etwa 200 Meter unter mir bleibt er liegen.

Ich fahre vorsichtig auf dem einem Ski nach unten. Als ich den anderen Ski endlich erreiche und wieder hineinsteigen will, merke ich mein Problem: Ich habe mir irgendwie im Skischuh das Sprunggelenk verdreht :-((((( Jede Belastung tut gemein weh. Ich fahre vorsichtig bis nach Tignes ab, wo der Ralle wartet. Er hat gar nicht mitbekommen, dass ich gestürzt bin.

Innerlich bin ich stocksauer und ich beschliesse, den verdrehten Knöchel ganz einfach zu ignorieren. Zum Ralle sage ich nur, dass es schon geht. Und dann starten wir zu der extra langen und extra schweren Abfahrt nach Les Breviers ;-) So'n Engel kann einen ganz schönen Dickkopf haben. Und unterkriegen lässt sich so jemand auch nicht so einfach ...

Nun ja, irgendwann muss ich meine 'lustlose' und 'langsame' Fahrweise doch erklären. Wir hören relativ früh auf an diesem Tag.

15.03.1999
Noch ein Skitag. Laufen kann ich fast gar nicht, aber das Skifahren im ganz eng geschnallten Skistiefel geht eigentlich ganz gut, wenn man mal von dem stechenden Schmerz beim Belastungswechsel absieht. Ich fühle mich ein wenig wie die kleine Meerjungfrau ;-)

Heute schaffen wir es auf die Grande Motte. Dieser Gletscher ist mit 3444m das 'dritte Ende' des Espace Killy. Am ersten Ende waren wir schon am Samstag, auf dem Pissaillas-Gletscher. Gestern waren wir am tiefsten Punkt, in Les Breviers am Fuss der Staumauer auf 1550m. Und diesmal schaffen wir es bis ganz hoch. Das ist eigentlich nur insofern schwierig, als dass die Warteschlange vor der Gondel immer so lang ist, dass wir meist umdrehen. Diesmal klappte es.

Beim Warten treffen wir zwei unserer Bus-Mitfahrer und können den beiden von ganz oben ein wenig das Skigebiet erklären. Sowas mache ich gern :-)

16.03.1999
Noch immer ist das Wetter fantastisch. Kein Wölkchen in Sicht und wir sehen beide schon aus wie die Eulen: ein braunes Gesicht mit weissen Ringen um die Augen. Nackig sieht das Ganze ziemlich grotesk aus, denn die Bräune endet am Kinn :-)

Der Wetterbericht lässt auch nichts Schlimmes vermuten. Prima!

17.03.1999
Der Ralle steigt auf's Snowboard um. Neidisch gucke ich zu. Aber auch wenn ich meinem Knöchel so langsam auch wieder Schweres als die ganz leichten Pisten zumuten kann :-), so möchte ich doch lieber nicht übertreiben. Ich habe schon lange beschlossen, dass ich den Snowboardkruscht umsonst mitgenommen habe.

Erst mal tut er sich schwer auf den eisharten Pisten, der Ralle, aber dann klappt es prima. Sieht super aus, aber auch sehr anstrengend. Das einzige Mal, wo's ihn wirklich steckt ist da, wo wir auf ein paar unserer Buskollegen stossen, die leicht amüsiert über den 'Schaltafelfahrer' spotten. Der Ralle legt ein paar fantastisch gecarvte Kurven vor, bei denen den Spöttern fast der Mund offen stehen bleibt (ich beobachte das amüsiert) und dann rutscht er auf einer Eisplatte aus und fliegt spektakulär hin ;-/ Pech!

Doch die vier waren trotzdem beeindruckt, wie sie uns am Abend, als wir sie auf einem Spaziergang nach Val d'Isere Village treffen, gestehen. Hat wohl trotzdem gut ausgesehen :-)))

18.03.1999
Wegen der eisigen Pisten hat der Ralle die Kanten seines Boards schleifen lassen und es wurde total verschliffen! Den halben Tag lang 'stürzt' sich der Arme die Pisten hinab (und es ist immer noch verflixt hart!), dann reicht's ihm und er steigt wieder auf die Ski um.
(Inzwischen wissen wir, was die falsch gemacht haben und wir werden es beheben, doch dort in Val war erst mal nix zu machen.)

19.03.1999
Der letzte Tag. Das Wetter ist schlechter geworden. Das heisst vor allem, dass es Wolken hat und einen ziemlich kalten Wind in den höheren Lagen. Nachmittags senken sich die Wolken auf die Gipfel nieder und das Fahren weit oben ähnelt einem Blindflug ;-) Wenn man ein Stück weit gefahren ist und anhält, wird einem fast schwindelig ...

In der Mittagspause treffen wir viele Bus-Mitfahrer, die beschlossen haben, aufzuhören. Wir können das nicht, denn der Ralle hat irgendwann in der Mitte der Woche festgelegt, dass wir wenigstens 50.000 Höhenmeter schaffen müssen.

Mir soll das recht sein ;-)) Trotz meiner Fussverletzung kann ich nämlich immer noch besser fahren, so dass er vor mir müde wird :-) Skifahren ist (ausser Schwimmen vielleicht) der einzige Sport wo das passiert und ich geniesse das und koste es voll aus ;-)

Das bedeutet, dass ich in vollem Tempo (soweit die Sicht das eben zulässt) viele enge Kurven fahre und horche, wann er nimmer kann. Das macht Spass :-)))

Abends räumen wir fix unser Apartment auf und 'verprassen' dann unsere letzten Franc in einem Restaurant. Um 21.00h fährt der Bus los. Nach dem halben Liter Rotwein, den ich getrunken habe, dauert es nicht einmal bis Mutiers, bis ich tief schlafe.

Und ja, wir haben die 50.000 geschafft. um genau zu sein waren es 51.315 Höhenmeter, die wir in den 7 Tagen zurückgelegt haben :-)

20.03.1999
Irgendwo bei Isny wache ich auf und traue meinen Augen nicht: Alles voller Schnee!!!

Wir wollten doch den Tag im Liegestuhl auf der Terasse verbringen und abends unseren Grill anwerfen! Das scheint, wie jedes Jahr, ein Wunschtraum bleiben zu müssen ...


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by Angel